9. Übertragung des MPEG-2- Transportstroms

Die Quellencodierung und Aufbereitung des Transportstroms wird nach weltweit gültigem MPEG-2-Standard vorgenommen. Die weitere Übertragung des Transportstroms bis zum Fernsehteilnehmer erfolgt nach den Richtlinien im europäischen DVB-Standard (Digital Video Broadcasting) oder nach dem nordamerikanischen ATSC-Standard (Advanced Television System Committee), der aber gewisse Gemeinsamkeiten mit dem DVB-Standard aufweist.

Mit der Quellencodierung über die Redundanz- und Irrelevanzreduktion wurde die ursprünglich sehr hohe Datenrate des digitalen Videosignals in starkem Maß reduziert. Damit wird es aber nun anfälliger gegenüber Bitfehlern durch Störungen im Übertragungskanal. Während bei einem digitalen Video-Studiosignal ein Bitfehler im Allgemeinen nur zur Verfälschung eines Pixels führt, ist die Auswirkung beim MPEG-codierten Videosignal wesentlich gravierender und kann bis zum Ausfall eines Bildes führen, insbesondere wenn die sehr komplexe Semantik des Datenstroms betroffen wird.

Bei der Übertragung des MPEG-2-Transportstroms sind deshalb Maßnahmen zu ergreifen, die einen hohen Fehlerschutz gewährleisten. Dies wiederum kann nur dadurch erfolgen, dass im Rahmen einer Kanalcodierung wieder redundante Information eingebracht wird, deren Auswertung auf der Empfangsseite eine Fehlerkorrektur ermöglicht (Bild 9.1). Die Fehlerkorrektur muss ohne Rückgriff auf die Sendeseite erfolgen. Man spricht deshalb von Vorwärts-Fehlerkorrektur (Forward Error Correction, FEC).

Neben dem Einbringen von redundanter Information zur Gewährleistung eines Fehlerschutzes wird der Datenstrom einerweiteren Manipulation unterzogen, die aber mit dem Fehlerschutz nichts zu tun hat. Um bei einem Auftreten von längeren „0“- oder „T‘-Folgen im Datenstrom das Entstehen einer Gleichkomponente im Basisbandsignal und vor allem das damit verursachte Hervortreten des unterdrückten Trägers im Spektrum des hochfrequenten Modulationsprodukts zu vermeiden, wird eine so genannte Energieverwischung (Energy Dispersal) durch Verwürfeln (Scrambling) des Datenstroms vorgenommen.

 

8.17.png

 

Schließlich muss zur Verteilung des Programmsignals bis zum Fernsehzuschauer eine dem jeweiligen Übertragungskanal angepasste Trägermodulation gewählt werden, um die vorgegebenen Transponderkanäle bei der Satellitenverteilung oder die Kabelkanäle sowie die terrestrischen Funkkanäle zu nutzen.

Bild 9.2 zeigt in einer Blockdarstellung die verschiedenen Maßnahmen, die auf der Sendeseite und rückgängig auf der Empfangsseite bei der Übertragung des MPEG-Datenstroms vorgenommen werden.

 

9.1.png

 

9.1 Energieverwischung

Die Transportpakete im MPEG-2-Datenstrom haben eine Länge von 188 byte, mit 4 byte im Packet Header und 184 byte für die Payload. Das erste Byte im Packet Header ist das Sync-Byte mit dem festen Bitmuster 01000111 (47 hex) (Bild 9.3). Mit Ausnahme der Sync-Bytes wird zur Energieverwischung der Datenstrom mit einer Pseudozufallsfolge (Pseudo Random Binary Sequence, PRBS) über eine Modulo-2-Verknüpfung verwürfelt.

9.2.png

Die Pseudozufallsfolge hat eine Generator-Polynomgleichung von

9.3.png

die gemäß Bild 9.4a durch eine Anordnung mit rückgekoppelten Schieberegistern technisch realisiert wird. Der Generator wird nach jeweils acht Transportpaketen neu initialisiert. Die Pseudozufallsfolge läuft so über eine Periode von (8 x 187 + 7 x 1) byte = 1503 byte.

 

9.4.png

 

Damit auf der Empfangsseite, wo der Vorgang der Verwürfelung wieder rückgängig gemacht wird, der Entwürfler den Anfang der Pseudozufallsfolge lokalisieren kann, wird das Sync-Byte des ersten Transportpakets in der Achter-Sequenz invertiert, also mit der Folge 10111000 (B8 hex) übertragen. Die sieben anderen Sync-Bytes verbleiben mit der originalen Folge des Sync-Bytes im Datenstrom. Bild 9.5 zeigt die Transportstrompaket-Folge am Ausgang des Verwürflers.

 

9.5.png

Ein Enable-Signal sorgt dafür, dass der Transport-Datenstrom während der Sync-Bytes, invertiert und nicht invertiert, auf der Sendeseite nicht verwürfelt und entsprechend auf der Empfangsseite nicht entwürfelt wird. Die Verwürfelungs-Sequenz (PRBS) ist dem Empfänger über die Polynom-Gleichung bekannt.

Die Anordnung zur Entwürfelung des Datenstroms ist ähnlich wie bei der Verwürfelung, mit dem gleichen Pseudozufalls-Generator, wie in Bild 9.4b dargestellt [8,47].

 

9.2 Verketteter Fehlerschutz

Im realen Übertragungskanal muss stets mit Störungen, im Wesentlichen mit einem dem Digitalsignal überlagerten Rauschen gerechnet werden. Dies kann zu einer falschen Auswertung von verschiedenen Bits führen. Die Störung kann verteilt bei einzelnen Bits auftreten - so genannte „Einzel-Bitfehler“ - oder mehrere aufeinanderfolgende Bits treffen, wobei man von einem „Bündelfehler“ oder „Burstfehler“ spricht [2].

Es gibt nun verschiedene Codiermethoden, um auftretende Bitfehler zu korrigieren, wobei in jedem Fall zusätzliche, redundante Information dem eigentlichen Datensignal hinzuzufügen ist. Die verschiedenen Codiermethoden haben unterschiedliche Effizienz bei Einzelbitfehlern oder Burstfehlern und erfordern abhängig von der auftretenden Bitfehlerhäufigkeit auch unterschiedliche Redundanz.

Damit ist es naheliegend, den gesamten Fehlerschutz auf mehrere Schritte aufzuteilen, um insgesamt mit möglichst geringer Redundanz auszukommen. Die schwer zu korrigierenden Burstfehler werden zusätzlich durch ein Umsortieren der Byte- oder Bitfolge, dem „Interleaving“, auf leichter zu korrigierende Einzel-Bytefehler oder Einzel-Bitfehler zurückgeführt.

Bild 9.6 gibt die Funktionseinheiten des so genannten verketteten Fehlerschutzes wieder, der sich aus äußerem Fehlerschutz, Byte-Interleaving und innerem Fehlerschutz zusammensetzt und in dieser Konstellation bei der Übertragung im Satellitenkanal zur Anwendung kommt.

 

9.6.png

Das Ziel der Fehlerschutz-Codierung ist es, nach der Fehlerkorrektur einen „möglichst“ fehlerfreien, quasi error free (QEF) Datenstrom am Eingang des MPEG-2-Decoders zu gewährleisten. Bei Digital Video Broadcasting (DVB) geht man davon aus, dass maximal nur ein Bitfehler pro Tag auftreten soll. Das bedeutet mit einer angenommenen Nutzbitrate für ein Programm von 4 Mbit/s eine zulässige Bitfehlerhäufigkeit von 9.7.png.

Die Bitfehlerhäufigkeit (BFH) oder Bit Error Ratio (BER) gibt das Verhältnis der Anzahl von fehlerhaft empfangenen Bits zu der gesamten Anzahl von übertragenen Bits an.

 

9.2.1 Äußerer Fehlerschutz mit REED-SOLOMON-Blockcode

Die erste Stufe der Fehlerkorrektur betrifft die äußere Codierung, wobei sich „äußere“ Codierung auf den Eingang und Ausgang des quasi-fehlerfreien Übertragungskanals bezieht. Die nach den Entwicklern REED und SOLOMON benannten REED-SOLOMON-Codes sind leicht konstruierbar und weisen eine sehr gute Fehlerkorrekturfähigkeit, auch bei kurzen Bündelfehlern, auf [48]. REED-SOLOMON-Codes sind symbolorientierte, das heißt in der Regel auf die Byte-Folge bezogene Blockcodes. Die Fehlerauswertung muss sowohl erkennen, welches Symbol im Block mit der Länge n falsch ist, als auch das unverfälschte Symbol berechnen können [2].

Bei DVB kommt ein REED-SOLOMON-Code RS (204,188) zur Anwendung, was bedeutet, dass jeweils an ein Transportpaket mit m = 188 byte ein Block mit 16 Korrektur-Bytes angehängt wird. Das auf diese Weise mit Fehlerschutz versehene Transportpaket nimmt dann eine Länge von n = 204 byte an (Bild 9.7) [47]. Die berechnete und in dem Korrekturblock eingebrachte Redundanz ermöglicht einem REED-SOLOMON-Decoder bis zu acht fehlerhafte Bytes in diesem Transportpaket zu korrigieren. Der Code wird deshalb auch mit RS (204,188,8) bezeichnet, wobei der Wert t = 8 die Anzahl der korrigierbaren Bytes angibt. Falls mehr als acht falsche Bytes in diesem Paket auftreten, wird dies durch Setzen des Transport Error Indicator im Transport Stream Header markiert und der MPEG-Decoder wird dieses Paket nicht weiterverarbeiten. Es muss eine Fehlerverschleierung vorgenommen werden, das heißt aus benachbarten Paketen wird ein Mittelwert abgeleitet. Beim RS (204,188)-Code ist die Redundanz mit 8 % (16/ 188 x 100 %) relativ gering. Die Coderate R beträgt

R = m/n = 188/204 = 0,92.

 

9.8.png

 

Die Decodierung des REED-SOLOMON-Fehlerschutzcodes erfolgt nach Transformation (DFT) des gesamten Datenpakets mit n byte in den Frequenzbereich. Eine detaillierte Beschreibung ist u. a. in [2] zu finden. Die Zusammensetzung des Transportstroms bis zum Ausgang des REED-SOLOMON-Coders gibt Bild 9.8 in einer Übersichtsdarstellung wieder.

 

9.9.png

 

9.2.2 Byte-Interleaving

Beim Auftreten von längeren Bündelfehlern kann der REED-SOLOMON-Decoder versagen, wenn die Korrekturfähigkeit von maximal acht fehlerhaften Bytes überschritten wird. Durch ein „Spreizen“ des Bündelfehlers über einen Faltungs-Inter-leaver (Convolutional Interleaver) kann die Effektivität des REED-SOLOMON-Decoders gesteigert werden. Bei DVB wird dazu, nach ETS 300 421 [46], ein Byte-Interleaving mit einer Interleaving-Tiefe von formel.png 12, entsprechend der Anzahl der Zweige in der Interleaver- bzw. De-Interleaver-Anordnung (Bild 9.9), vorgenommen [8].

Mit der Länge L = 204 der Anzahl von zu schützenden Bytes und der Interleaving-Tiefe formel.png 12 ergibt sich eine Basisverzögerungseinheit von M = 204/12 = 17 für die Register, die in einer „Schalterbank“ mit zwölf Zweigen (j= 0 ... 11) die ankommenden Bytes um 0 x M bis 11 x M Byte-Takte unterschiedlich lang verzögern. Die SYNC-Bytes werden beim Interleaver immer im Zweig „0“ ohne Verzögerung weitergegeben. Jedes der aufeinanderfolgenden Bytes im Transportstrom wird so entsprechend seiner Positionsnummer um 0, 17, 34, ... 187 Positionen verzögert in den neuen Datenstrom eingeordnet.

 

9.10.png

 

Beim De-Interleaver läuft der Prozess in ähnlicher Weise ab. Das Byte, das beim Interleaver vor der Übertragung um j x 17 Positionen, mit j = 1 ... 11 verzögert wurde, wird nun beim De-Interleaver um (11 - j) x 17 Positionen verzögert, so dass die gesamte Verzögerungszeit für alle Bytes (j + 11 - j) x 17 = 11 x 17 = 187 Positionen gleich ist und die ursprüngliche Reihenfolge wieder gilt.

Wenn jedoch ein Bündelfehler mehrere aufeinanderfolgende Bytes verfälscht, so wird die Störung nun nach dem De-Interleaver auf verstreute Positionen verteilt, was vom REED-SOLOMON-Decoder leichter korrigiert werden kann. Siehe dazu Bild 9.10

 

 

9.2.3 Innerer Fehlerschutz mit Faltungscode

Bei stark gestörten Übertragungswegen, wie im Satellitenkanal wegen des geringen Signal-zu-Rausch-Abstandes am Empfängereingang oder beim Terrestrischen Funkkanal wegen Bitverfälschungen durch Interferenzstörungen, kann die Bitfehlerhäufigkeit so hohe Werte annehmen, dass der REED-SOLOMON-Fehlerschutz alleine nicht mehr ausreichend ist. Es wird deshalb ein zusätzlicher Fehlerschutz über die Faltungscodierung eingebracht.

Beim Faltungscode wird die Information über mehrere Zeichen hinweg „verschmiert“. Die Verarbeitung erfolgt bitorientiert in der Weise, dass durch eine mehrstufige Verknüpfung des anliegenden Datenstroms mit dem über Schieberegister verzögerten Datenstrom, zwei Ausgangsdatenströme erzeugt werden, jeder mit der gleichen Bitrate wie der Eingangsdatenstrom. Die hinzugefügte Redundanz beträgt damit 100 %, was aber eine sehr effektive Fehlerkorrektur ermöglicht. Die Decodierung läuft nach einem von VITERBI angegebenen Algorithmus ab, weshalb auch vom VITERBI-Decoder gesprochen wird.

Ein einfaches Beispiel für eine Faltungscodierung zeigt Bild 9.11. Die Informationsbits des Eingangsdatenstroms c werden von links nach rechts in das Schieberegister eingelesen. Das aktuelle Bit steht dabei immer links in der ersten Zelle des Schieberegisters. Dieses aktuelle Bit wird mit den vorangegangenen Bits an den Anzapfungen des Schieberegisters modulo-2-verknüpft. Dadurch entstehen neue Codebits, die nicht nur vom aktuellen Informationsbit sondern auch von zeitlich vorangehenden Informationsbits abhängen. Die Ausgangsdatenströme x und y werden durch die Generator-Polynome G1 und G2 beschrieben. Im Fall der Anordnung nach Bild 9.11 sind dies

 

9.12.png

 

Die Generatorsummen G1 und G2 erhält man durch Zuweisen (von links nach rechts folgend) einer „1 “ für die genutzten Anzapfungen und einer „0“ für die nicht genutzten Anzapfungen. Die Binärzahl wird im Allgemeinen durch eine Oktalzahl angegeben. Die Coderate R, als Verhältnis von Eingangs- zu Ausgangs-Bitrate, beträgt bei dem dargestellten Faltungscoder R = 1/2 und die Beeinflussungslänge (Constraint Length) K, ausgedrückt durch die Anzahl der möglichen Anzapfungen, ist bei der Anordnung nach Bild 9.11 K= 3.

Die freie Distanz als ein Maß für die Korrekturfähigkeit hat in diesem Beispiel den Wert dfrei = 5. Je höher dieser Wert ist, umso effektiver ist die Korrekturfähigkeit des Codes. Der DVB-Standard gibt einen Basis-Faitungscoder mit R = 1/2 vor, wie in Bild 9.12, links, dargestellt [46]. Dieser weist eine Beeinflussungslänge von K = 7 auf, mit den Generator-Polynomen G1 = 171 oct und G2 = 133 oct. Die freie Distanz beträgt frei = 10. Die beiden Ausgangsdatenströme x und y werden mit je einem Bit zu der Symbolfolge zusammengefasst (2.41.png) , die z. B. bei der QPSK mit x und y parallel auf den I- und Q-Kanal gegeben wird.

Der DVB-Standard sieht aber auch vor, dass die Coderate am Ausgang des Faltungscoders durch eine Punktierung (Bild 9.12, rechts) erhöht werden kann, allerdings auf Kosten der Effizienz der Fehlerkorrektur. Je nach den Eigenschaften des vorliegenden Übertragungskanals wird man aber zwischen einer besseren Ausnutzung der Übertragungskapazität vom eigentlichen Nutzsignal her und einem Verlust an Codier-Effizienz abwägen [2, 8]. Bei der Punktierung werden nicht alle aufeinanderfolgenden Bits der beiden Datenströme X und Y weitergegeben, sondern je nach dem Punktierungs-Verhältnis nur eines von zwei gleichzeitig in den Datenströmen X und Y auftretenden Bits.

 

9.13.png

 

Das Punktierungsverhältnis drückt die Anzahl der Bits nach der Punktierung zu der Anzahl der Bits vor der Punktierung aus. Die verbleibenden Bits werden so umsortiert, dass in jedem der beiden parallelen Datenströme I und Q gleich viele Bits aus der ursprünglichen Konstellation übernommen werden. Die neue Coderate ergibt sich nun aus der Multiplikation der Basis-Coderate von R = 1/2 mit dem reziproken Punktierungsverhältnis.

Bild 9.13 gibt die nach dem DVB-Standard möglichen Punktierungen mit der dem Ausgangsdatenstrom I und Q zugeordneten Coderate R wieder.

 

9.14.png

 

Nach den DVB-Vereinbarungen wird im Satellitenkanal bei der Faltungscodierung mit einer Coderate R = 3/4 und im terrestrischen Funkkanal mit R = 2/3 gearbeitet. Im Kabelkanal entfällt die Faltungscodierung. Die Auswertung des mit dem Faltungscode übertragenen Datensignals erfolgt in den meisten Fällen mit dem VITERBI-Algohthmus. Die Grundidee besteht darin, aus den aufeinanderfolgend empfangenen Bit-Kombinationen aus den beiden Kanälen mittels eines so genannten Trellis-Diagramms sukzessive die optimale Route zu finden, bis zu der Bit-Kombination, welche die höchste Wahrscheinlichkeit der Übereinstimmung mit dem gesendeten Signal aufweist. Das Ergebnis, das mit der größten Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, wird als decodierter Wert übernommen. Eine genaue Erklärung dieses Ablaufs wäre zu umfangreich. Es wird deshalb auf detaillierte Literatur verwiesen [2, 48, 49, 50].

Die Berechnung nach dem VITERBI-Algorithmus lässt sich noch verbessern, indem die Wahrscheinlichkeit auch Zwischenwerte berücksichtigt, die über fiktive Entscheiderschwellen gewonnen werden. Eine derart flexible Berechnung im VITERBI-Decoder ist das Merkmal der Soft-Decision-Decodierung. Gegenüber der Hard-Decision-Decodierung mit nur einer Entscheiderschwelle zwischen „0“ und „1“ ist ein Gewinn von etwa 2 dB beim Signal-zu-Rausch-Abstand möglich [49].

 

9.2.4 Effektivität der Fehlerkorrektur

Am Beispiel der Satellitenübertragung (Bild 9.14a) bzw. der Kabelübertragung (Bild 9.14b) wird die Wirksamkeit der Fehlerkorrektur-Maßnahmen bei den realen Systemen demonstriert. Die Übertragung des MPEG-2-Transportstroms erfolgt im Satellitenkanal durch 4-Phasenumtastung (Quadrature Phase Shift Keying, QPSK). In einem Satellitenkanal mit 33 MHz Bandbreite kann mit QPSK ein Brutto-Datenstrom von 55 Mbit/s übertragen werden. Am QPSK-Demodulator sollte ein Träger-zu-Rausch-Abstand von C/N > 7 dB vorliegen. Die dabei zu erwartende Bitfehlerhäufigkeit liegt bei BER  formel_4.png. Der VITERBI-Decoder setzt diesen Wert auf etwa formel_10-4.pngformel_5.png herab. Nach Auswertung des REED-SOLOMON-Fehlerschutzes wird eine Bitfehlerhäufigkeit BER formel3.png erreicht, was einem quasi-fehlerfreien Signal entspricht.

Bei der Übertragung im Kabelverteilkanal mit einer Bandbreite von 8 MHz kommt 64-QAPSK (Quadratur Amplitude Phase Shift Keying) zur Anwendung. Für eine Bitfehlerhäufigkeit von BER < 10-5_formel.png sollte der Träger-zu-Rausch-Abstand am Demodulator C/N > 26 dB sein. Der nachfolgende REED-SOLOMON-Decoder setzt die Bitfehlerhäufigkeit wieder auf BER formel3.png herab.

 

9.15.png

 

9.3 Trägermodulation

Die Verteilung des Programmsignals zum Fernsehteilnehmer erfolgt in vorgegebenen Funk- oder Kabel-Kanälen durch Aufbringen des MPEG-2-Transport-stroms auf eine hochfrequente Trägerschwingung. Es kommen Verfahren der digitalen Trägermodulation zur Anwendung, wo zwei orthogonale Komponenten der Trägerschwingung, eine Cosinus- bzw. In-Phase-Komponente (I) und eine Sinus- bzw. Quadratur-Komponente (Q), von jeweils einem Anteil des Datenstroms moduliert werden. Man spricht in diesem Fall generell von Quadraturmodulation (QAM) oder I-Q-Modulation. Das Modulationsprodukt kann dabei die Information nur in den Phasenzuständen der aus den beiden modulierten Komponenten zusammengesetzten Trägerschwingung enthalten sein. In diesem Fall liegt eine „digitale Phasenmodulation“ vor, die im Folgenden als Phasenumtastung (Phase Shift Keying, PSK) bezeichnet wird.

Entsprechend den n möglichen Phasenzuständen, die einem n-wertigen Symbol zugeordnet werden, das wiederum aus einem N-stelligen binären Codewort abgeleitet ist, mit der Beziehung n = 2N, spricht man von Bedeutung beim Digitalen Fernsehen im Satellitenkanal nach dem DVB- Standard ETS 300 421 ist die 4-stufige Phasenumtastung, 4-PSK. Vielfach wird dazu auch in der deutschen Literatur der englischsprachige Ausdruck Quadratur Phase Shift Keying, QPSK verwendet. Werden die beiden Komponenten der Trägerschwingung sowohl in der Phase mit den Zuständen 0° bzw. 180° bei der Cosinus-Komponente und 90° bzw. 270° bei der Sinus-Komponente als auch in diskreten Amplitudenzuständen von den n-wertigen Symbolen des Datensignals moduliert, dann liegt eine n-stufige Quadraturmodulation (n-QAM) oder n-stufige Amplituden-Phasen-Umtastung vor. Auch hier wird vielfach der englischsprachige Ausdruck verwendet: Quadratur Amplitude Phase Shift Keying (QAPSK).

Der DVB-Standard sieht die Anwendung von 16-QAPSK, 32-QAPSK oder 64- QAPSK bei der Kabelübertragung (ETS 300 429) bzw. von 16-QAPSK oder 64- QAPSK im Terrestrischen Funkkanal (ETS 300 744) vor. Nach den DVB-Festlegungen kommt im Kabelkanal die 64-QAPSK zur Anwendung, während im terrestrischen Funkkanal der Datenstrom mit der weniger störanfälligen 16-QAPSK übertragen wird, allerdings hier in Verbindung mit einer Mehrträgermodulation (OFDM). Die verschiedenen Modulationsarten lassen sich auf einen Funktionsblock „l-Q-Modulation“ zurückführen, dem die beiden modulierenden Codesignale I und Q zugeführt werden (Bild 9.15). Diese „entstammen“ aus dem Faltungscoder oder aus dem REED-SOLOMON-Coder mit dem nachfolgenden Interleaver, nach Serien-Parallel-Wandlung auf zwei Datenkanäle. In jedem Fall werden die Datensignale vor dem Modulator über eine Basisband-Tiefpass-Filterung impulsgeformt und damit in ihrem Spektrum begrenzt. Näheres dazu in Abschnitt 10.2.

 

9.16.png

 

Die Aufbereitung des Modulationsprodukts erfolgt vielfach über digitale Signalverarbeitung, womit auf einfache Weise über eine Software-Änderung eine Umschaltung auf verschiedene Modulationsarten möglich wäre. Die Entscheidung für ein Verfahren der digitalen Trägermodulation wird auf Grund folgender Vorgaben getroffen:
• zu übertragende Datenrate
• verfügbare Bandbreite des Übertragungskanals
• zu erwartender Störeinfluss.
Der Störeinfluss kann einerseits

• durch den Träger-zu-Rausch-Abstand am Empfängereingang und andererseits
• durch Interferenzstörungen, z. B. auf Grund von Reflexionen beim Kabelanschluss oder wegen Mehrwegeempfang oder Selektivschwund beim terrestrischen Fernsehen bedingt sein.

Letztgenannten Störeinflüssen begegnet man zusätzlich durch den Übergang von der Ein-Träger-Modulation auf die Mehr-Träger-Modulation und Anwendung des OFDM-Verfahrens (Orthogonal Frequency Division Multiplex).

Nähere Ausführungen zu den digitalen Modulationsverfahren folgen in Abschnitt 10.

 

 

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